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Eishockey in Rosenheim. Einst und jetzt

von Hans Mosner (1983)

 

Fast eine Weltanschauung
Eishockey ist für manche Fans fast eine Weltanschauung. Für mich auch. Wer diesem faszinierenden Spiel verfallen ist, der ist meist für Fußball verloren. Ich auch. Seit in Rosenheim erstklassiges Eishockey gespielt wird, erscheint einem der Ballsport wie ein Wettkampf im Zeitlupentempo.
Ein Eishockeyfan kann sich auf einen Experten berufen, der in Können und Wissen unantastbar ist: Trainer Viktor Tichonow von Weltmeister UdSSR. Der spricht aus, was jeder Freund des schnellsten Mannschaftsspiels der Welt fühlt. Tichonow sagte: "Weil Eishockey eine unvergleichliche Faszination ausübt, sind alle Freunde, die mit mir einmal Eishockey gespielt haben, heute Eishockeyanhänger. Eishockey nimmt den Geist des Menschen in Anspruch. Es ist ein Kampf der Emotionen, ständiger Situationswechsel und ein Kampf der Männer. Der Charakter des Spiels paßt zum Charakter des Menschen. Die Technik und die Geschwindigkeit, niemand steht, alles ist in Bewegung. Eishockey entspricht unserem Zeitgeist und Zeitalter. Dem Zeitalter der Düsenflugzeuge."
Hat er das nicht treffend ausgedrückt?

Rosenheim wurde Eishockey-Hochburg
Anders wäre auch nicht zu erklären, daß Rosenheims Eishockey aus den zaghaften Anfängen der Zwanziger-Jahre, über alle Krisen hinweg, heute so viele Menschen in seinen Bann schlagen konnte, so viele glorreiche Siege erringen. Absolute Höhepunkte, unvergeßlich bis ans Ende der Tage, Stunden, die einen Menschen von Herzen glücklich machen konnten, waren die Meisterschaft der 2. Bundesliga und der damit verbundene Aufstieg in die1. Bundesliga, die deutsche Meisterschaft und - einfach nicht mehr zu überbieten - das Nonplusultra im Eishockey, der Europacup - Sieg über AlK Stockholm.
Was gibt es für eine schönere Bestätigung der Leistung der Rosenheimer Eishockey-Cracks, als die Tatsache, daß sie in der Werbebranche gefragt sind, weil sie jeder, aber auch jeder kennt, mehr, als vielleicht Kommunalpolitiker.
Daß Kinder, Jugendliche, sogar Mädchen, auf Hinterhöfen, Parkplätzen, Straßen, Eishockey mit dem Ball spielen, daß der Torwart immer Karl Friesen heißen will, daß es Streit gibt, wer der "König von Stockholm", "Kaiser von Rosenheim" sein darf, der "Ernst Höfner en miniature", oder wer das Recht bekommt, als Mannschaftskapitän Hans Zach zu glänzen? Rosenheim wollte Eishockey-Hochburg werden. Jetzt ist es eine.

Rosenheimer Eishockey in den Kinderschuhen
Ein Blick zurück: Walter Leinweber, Füssen, 26facher Nationalspieler, Bruder des fünf Jahre jüngeren, nunmehrigen Ehrenmitglieds des DEB, Bruno Leinweber, Annastr. 1 ,8958 Füssen, erinnert sich gut an das erste Spiel einer Rosenheimer Eishockeymannschaft.
Bruno studierte in den Zwanziger-Jahren in München als künftiger Diplom-Ingenieur an der TH und übernahm später das Bauunternehmen der Familie. Walter studierte am Rosenheimer Holztechnikum und übernahm dann das Säge und Hobelwerk der Familie.
Leinweber weiß noch genau, wie es zur Gründung einer Rosenheimer Eishockeymannschaft kam. Er war Student am Holztechnikum, Präsident des "Club Holztechnikum Rosenheim", der die Aufgabe hatte, neben den schulischen Bedürfnissen auch den Kontakt mit den Rosenheimern zu pflegen. Was lag näher, als auch auf dem sportlichen Sektor die Bande enger zu knüpfen? Neben gesellschaftlichen Veranstaltungen wie Vorträgen, Klubabenden, Tanzveranstaltungen, wies besonders der Sport gemeinsame Interessen auf.

"Ludwig Kriechbaum faszinierend"
Nach kurzem Erkunden bei Freunden begab sich Walter Leinweber zum damaligen
1. Vorsitzenden des EVR, Ludwig Kriechbaum, in sein Geschäft an der Innbrücke, und bat ihn um die Genehmigung, in seinem Verein eine Eishockeyabteilung gründen zu dürfen. Nach Prüfung der Bonität der vorgesehenen Spieler willigte Kriechbaum ohne Vorbehalte ein. Leinweber: "Ich habe diesen Vorgang deshalb noch so gut im Gedächtnis, weil mich die Person von Kriechbaum so fasziniert hatte."

Eishockey unerwünscht
Nun war das damals nicht so einfach wie heute, eine Eishockeyabteilung ins Leben zu rufen. Es gab damals in den Eislaufvereinen nur allgemeinen Eislauf oder Eiskunstlauf. Eishockey war entweder noch unbekannt, zum Teil nicht erwünscht.
Es war also schon beinahe eine Pioniertat, sowohl von Leinweber, wie von Kriechbaum. Die Zusage weist Kriechbaum also als einen aufgeschlossenen, auch jovialen, dem Sport zugetanen Mann mit bemerkenswertem Weitblick aus.
Das war also die Geburtsstunde des Rosenheimer Eishockeys!
Ein Eishockeypionier wie Leinweber freut sich natürlich, daß Eishockey heute so populär geworden ist, daß hunderte von Kunsteisstadien entstanden, daß die Jugend auch in Rosenheim ein so weites Betätigungsfeld erhielt und sich in den ersten deutschen Leistungsklassen auszeichnen konnte.

Als das Eishockey laufen lernte. . .
Das erste Eishockeyspiel in Rosenheim fand, so berichtet die Chronik, am 1. Januar 1928 auf der Spritzeisbahn am Tennisplatz an der Wittelsbacherstraße statt. Wann das Spiel auf dem Tölzer Kammererweiher mit dem EC Tölz war, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Ein Abgrund liegt jedenfalls zwischen damals und heute, einer zwischen Anfang und Spitze. Das "Rosenheimer Tagblatt", das gewiß keinen Sportredakteur hatte, berichtete ebenso dilettantisch darüber, wie gespielt wurde.
"In dem Eishockeyfreundschaftsspiel München II gegen Rosenheim wurden die Feinheiten dieses immer mehr in Aufnahme (!) kommenden, schnellsten Kampfspieles gezeigt, wobei der Münchner Stürmer Strobl ganz Vorzügliches leistete. Daß Rosenheim bei diesem Freundschaftsspiel, das mit 12 : 0 für München endete, kein Tor für sich buchen konnte, ist durchaus nicht zu verwundern, nachdem die Rosenheimer Mannschaft erst vor einigen Tagen zusammengestellt und von den Münchenern in das Eishockeyspiel erstmals eingeführt wurde."

"Richtige" Spiele in Tölz
Erst am 1. Januar 1929 fanden in Tölz die ersten "richtigen" Spiele statt. Und wieder erweist sich

das "Rosenheimer Tagblatt" als sportlicher Chronist: "Die junge Mannschaft des Rosenheimer Eislauf-Vereins weilte am Neujahrstag zu zwei Freundschaftsspielen in Bad Tölz. Beim ersten Spiel, das in der Frühe stattfand, gelang es den eifrigen Rosenheimern, ein Resultat von 2: 2 zu erringen. Rosenheim trat in folgender Aufstellung an: Im Tor Rambold Albert, Verteidigung Rambold Hans, Adam, Sturm: Leo Huber, Sabor, Schinkinger, Auswechselmann Josef Rambold. Dem Sturm Rosenheims gelang es nur selten, die gute Deckung des Gegners erfolgreich zu durchbrechen. Die Tore für Rosenheim schossen Leo Huber und Schinkinger."
Rosenheims Sportberichterstattung war also schon damals aktuell!

Eine Mannschaft des EVR bildeten später die Brüder Reinhold und Oskar Pfeiffer, Hans Huthmann, Irlinger, Rambold, Albert, Hans Müller, Hans Rambold, Richard Buchecker, Georg König. Es wurde also noch keinesfalls mit vier Blöcken gespielt.
Die Bemühungen um einen Eisplatz für Eishockey in Rosenheim hatten endlich Erfolg. Der Eisenbahnsportverein gab die Genehmigung, auf seinem Platz eine Spritzeisbahn zu errichten. Dieser Versuch schlug aber fehl, obgleich sich die Eishockeyspieler die größte Mühe gaben. Der nächste Eisplatz war ein Weiher hinter der Stadtgärtnerei. Dort wurde trotz schlechtester Bedingungen gespielt. Bei starkem Föhn zerbrach aber die Eisfläche, die Rosenheimer verloren das Spiel. Als die Schwierigkeiten mit diesem Eisplatz nicht aufhörten, stellten die Spieler ihre Banden auf dem Stadtsee auf. Hier war es möglich, mehrere Jahre lang zu spielen. Selbst nach dem Krieg fanden dort noch Spiele statt. Auch dort konnte es passieren, daß Eishockeyspieler während eines Spiels durch das dünne Eis einbrachen.
Eine Mannschaft, die damals eine beachtliche Spielstärke erreichte, war 1947/48 jene mit Hans Weber, Walter Furtner, Siegi Huber, Theo Röckl, Hans Huber, Willy Buchecker, Max Dietl, Paul Wieser, Manni Wolfsegger.

Walter Leinweber Eishockeywart
In der Chronik des 1911 gegründeten Eissportvereins Rosenheim taucht im Vereinsjahr 1927/28 erstmals ein "Eishockeywart Walter Leinweber" auf. Es wird die Möglichkeit erwogen, für die Eishockeyabteilung statt der Spritzeisbahn auf dem Turnplatz auf dem Holzhof (gegenüber dem heutigen Finanzamt), dessen Unterhalt viele Kosten erforderte, einen eigenen Übungsplatz zu finden. Dafür kamen das städtische Schwimmbassin, der Thallerweiher, der Lugsteinsee in Frage.
In der Jahresversammlung 1929 wurde auf Antrag des Eishockeyspielers Rambold beschlossen, die Eishockeyabteilung in eigener Verwaltung zu betreiben.
Zum Abteilungsleiter wurde Pfeiffer und als erster Spielführer Hans Rambold gewählt.
1930 legten sich die Eishockeyspieler quer. Sie wollten zum Postsportverein übertreten. Dort versprachen sie sich ein ,leistungsfähigeres Wirken". Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen. Vermutlich waren die "Kringeldreher" und Eisschützen froh, diese Abteilung loszuwerden. Lange Zeit war dann nichts mehr vom Eishockey zu hören.

Wieder beim EVR
1937/38 wurden aber schon wieder im EVR vier Eishockeyspiele ausgetragen, drei gewonnen. Der neue Abteilungseiter Eishockey hieß 1938 Willy Buchecker. Von sechs Spielen wurden drei gewonnen.
Bis 1948 der EVR wiedergegründet wurde, war der Eishockeyspieler Ing. Walter ("Wammerl") Furtner ein eisenharter Verteidiger, der 1. Vorsitzende, Willy Buchecker, sein Stellvertreter.
Unter "Wammerl Furtner", dem Ehrenmitglied des EVR, bekam das Rosenheimer Eishockey eine neue große Chance. Zusammen mit Willy Buchecker schuf er die Basis für den späteren atemberaubenden Aufstieg.
Bis 1949 war auch für die Eishockeyspieler der Stadtsee - mit niedrigen Banden - das Spielfeld. Danach baute der Verein in vielen freiwilligen Arbeitsstunden für seine Eishockeyspieler ein Natureisstadion an der Jahnstraße.
Schon 1952 stellte sich der größte Erfolg für das Rosenheimer Eishockey ein. Der EVR stieg in die damals höchste deutsche Spielklasse auf, in die Oberliga. 1958 kam dann der Rückschlag. Die erfahrenen Kräfte hatten zum Teil ihre Laufbahn beendet, der Nachwuchs fehlte. Hinzu kam, daß die Witterung oftmals das Natureis über Nacht schmelzen ließ. Sogar Willy Buchecker ließ damals hören: "Hören wir doch auf." '
Kaum 20jährig, sprang nun mit jugendlichem Elan Rudi Lechl ein. Der neue Abteilungsleiter hatte sich schon in der Jugendarbeit profiliert und sich um die Nachwuchsmannschaften durch die Veranstaltung von Turnieren verdient gemacht.
Erst ein Jahr war Rudi Lechl im Amt, da brachte er mit Willy Buchecker die Idee zum Bau eines Kunsteisstadions an die Öffentlichkeit. Das mußte damals geradezu aberwitzig erscheinen. Aber mit der Sturheit von Altbayern kämpften beide und erhielten auch die Unterstützung der örtlichen Presse dafür.
1953 war es soweit: Es konstituierte sich ein Ausschuß, der den Bau einer Kunsteisbahn zum Ziel hatte.

Stadion auf Flötzingerwiese?
Der erste Lageplan sah das Eisstadion auf der Flötzingerwiese mit Anschluß der Kühlrohre an die Kältemaschinen der Auerbräu AG vor. Eine weiterer jenseits der Mangfall; also genau gegenüber dem heutigen Lageplatz.

Baugenehmigung nicht erteilt
Wie der Bau begann, das ist eine eigene Geschichte, an die sich Buchecker und Co. heute mit einem Schmunzeln erinnern. Der Erdaushub an der Jahnstraße durch die Degerndorfer Pioniere, für diese "übungshalber", begann so unerwartet, daß der damalige Oberbürgermeister Sepp Heindl mit zwei Polizeibeamten am "Tatort" erschien, die Bundeswehr zum Aufhören aufforderte und die wohlgefällig zuschauenden Herren Hauser, Lechl, Buchecker zum Mitkommen aufforderte. Die offizielle Genehmigung zum Baubeginn war nämlich noch keineswegs erteilt gewesen.
Natürlich hatten die betreffenden Herren des EVR bloß "nicht daran gedacht". Sepp Heindl bestellte die Fraktionsführer in sein Dienstzimmer, um dies nachzuholen. Kein Stadtrat mochte sich gegen das damals größte Projekt der Stadt stellen. So konnte der OB die drei EVR-Leute mit den berühmt gewordenen Worten verabschieden: "Ihr Dreckhammeln, jetz schaugts, daß weida kommt’s! Schaugts, daß was auseinandergeht!"
Und es ging was auseinander.

Keimzelle Kastenau
Rosenheims Eishockey ging in der Nachkriegszeit aus den Spielern des Stadtteils Kastenau hervor. Da war der Ausnahmespieler Hans Huber, der später die Buben von der Straße weg zum Eishockey holte und als ein Vorbild wirkte. Siegi Huber, einer der drei späteren "Eisheiligen" des SBR mit internationaler Erfahrung, Manni Wolfsegger, der eine 30jährige Laufbahn als Torhüter hatte, Bernd Geratschläger, Peter Fuchs, Ernst Huber, die Webers, Dietls, Döbls und wie sie alle hießen, haben Rosenheims Eishockey populär' gemacht.
Danach Manfred Kastner, ,Ala" und Peter Gurdschik, Lothar Mehlhart, Edu Derkits, Günther Körber. Sie sind noch heute nicht vergessen.
Willy Buchecker war erster Trainer, Fritz Poitsch, der Altinternationale, bekam als Trainer 5 Mark die Stunde. Der heutige Tennistrainer war als Spieler Meister im "Abstauben", er vermittelte erstmals hochwertiges Training.
Der Tölzer Sepp Wörschhauser war der erste 'Volltrainer, brachte den EVR in die Oberliga. Der Tölzer Georg Eberl folgte, leistet zwei Jahre wertvolle Aufbauarbeit. Vaclav Pantucek aus Brünn begründete mit die freundschaftlichen Beziehungen zum Brünner Eishockey. Mirko Winkler und sein Bruder Jvo, Rudolf Scheuer aus Brünn verstärkten Rosenheim.
Mike Daski, "bayerischer" Kanadier aus Tölz, auf den heute noch Hans Zach schwört, zog dann das Training profimäßig auf. Der Aufstieg stellte sich mit Gerhard Kießling ein. Dany Smit hatte wenig Glück gehabt. Jozef Capla war Rosenheims erster Trainer, der allein für den Nachwuchs verpflichtet wurde.

Rosenheimer Eishockey heute optimal
Das Urteil der "Ehemaligen" über das heutige Rosenheimer Eishockey ist nicht uninteressant. Marinus Fischbacher: "Das heutige Rosenheimer Eishockey ist optimal. Besseres kann ich mir nicht vorstellen." Willy Buchecker: "Es ist echt profimäßig geworden. Mit athletischer Härte. Es gibt weniger Stockfouls als früher, es ist disziplinierter. Für mich ist Ernst Höfner der beste Techniker, ein phantastischer Spieler. Seine Arbeit ist vorne im Sturm wie hinten kaum zu übertreffen."

Auf Kunsteis gings aufwärts
Mit dem Bau der Kunsteisbahn zeigte die Tendenz im Rosenheimer Eishockey nach oben. Der EVR bekam mit dem Internationalen Fritz Poitsch erstmals einen "echten" Trainer. Zwar ging das erste Spiel im neuen Stadion verloren, doch nach vier Jahren Gruppenliga unter den Trainern Poitsch, Scholtze und Wörschhauser war in der Saison 1964/65 das erste Ziel erreicht: Der EVR war in die Oberliga aufgestiegen. Jetzt galt es zunächst, die Klassenzugehörigkeit zu erhalten. Die Trainer Wörschhauser und Siegi Huber hatten es nicht leicht. Der EVR mußte ohne Verstärkung seinen Platz in der Oberliga behaupten. Kein Wunder also, daß der Klassenerhalt nur mit Mühe gelang. Sobald aber die Mannschaft mit fremden Spielern verstärkt war, zeichnete sich eine Aufwärtsentwicklung ab. Mit den Trainern Pantucek, Daski und Ruzicka berief der inzwischen zum Abteilungsleiter gewählte Marinus Fischbacher qualifizierte ausländische Trainer. Ein Zug zum Profitum also!
Dreimal wurde Rosenheim bayerischer Oberligameister und einmal sogar, in der Saison 1969/70, deutscher Oberligameister.

6000 schon in der Oberliga
Rosenheims Eishockey war schon in der Oberliga attraktiv. Die Sportpresse schrieb schon damals von einem Rosenheimer Eishockeywunder. Da hieß schon einmal eine Schlagzeile: "EV Rosenheim deklassiert Kölner EK", oder ,,500 begleiten die SG Nürnberg in die Rosenheimer Gruselkammer". Davon blieben auch die Zuschauerzahlen nicht unbeeinflußt. 3200 kamen zu einem Heimspiel gegen Mannheim, 3000 gegen Köln, und zum Schlagerspiel gegen die SG Nürnberg gab es gar den absoluten Besucherrekord von 6000 Zuschauern.

Seit 1971 hieß das Ziel im Rosenheimer Eishockey: Aufstieg in die Bundesliga. Und diesem kam der Tabellenführer der Oberliga, Rosenheim immer näher. Die Tabellenspitze behauptete der EV Rosenheim mit einer konstanten Leistung. Spielerischer Höhepunkt wurde das Heimtreffen mit dem Kölner EK Mit 12 Toren setzten die Rosenheimer Glanzlichter und heizten damit das Eishockeyfieber zur Siedehitze an. Für die 6000 Zuschauer gegen Nürnberg mußten Zusatztribünen errichtet werden. Obwohl Rosenheim doppelt so viele Chancen wie die SGN hatte, langte es am Ende nur zu einem 5:4-Sieg des EVR.

Dramatisch dann das Spiel in Ravensburg. 4:4 in der Schlußminute. Körbers Penalty bringt nichts. 20 Sekunden vor Schluß ist Torwart Fuchs ausgespielt Die Scheibe geht an den Pfosten. Dasselbe auf der anderen Seite. Hans Huber scheitert allein vor dem gegnerischen Tor.
Dieser Nervenverschleiß rächte sich im Heimspiel gegen Miesbach, wo es nur ein 3 : 3 gab. Pöttinger hatte das 3 : 2 geschossen, das Spiel schien entschieden. Aber dann kam doch noch der Ausgleich. Rosenheim führte damit vor Nürnberg und Berlin. So dramatisch gings auch schon in der Oberliga zu!

In der jungen Mannschaft Rosenheims spielte ein alter Recke, der schon 1948 im Rosenheimer Team stand, 1956 in Cortina zur deutschen Olympiamannschaft gehört: Hans Huber, damals 42 jährig. Mit dem SC Rießersee hatte er die deutsche Meisterschaft erkämpft, war 1960 wieder im Olympiaaufgebot, über den Münchner EV wieder zum EV Rosenheim, seinem Heimatverein, zurückgekommen. Sein Einsatzwille, seine fanatische Trainingsarbeit und 62 Länderspiele halfen dem EVR.

Das Stadion wird überdacht
Ein wichtiger Meilenstein in der Rosenheimer Eishockeygeschichte war die Überdachung des Kunsteisstadions. Marinus Fischbacher, 1960 zum Eishockeyabteilungsleiter gewählt, hatte sich als Zielvorgabe gesetzt, die erste Mannschaft in die Oberliga zu führen, als Fernziel Aufstieg in die Bundesliga. Die Nachwuchsmannschaften sollten ebenfalls Spitze werden.
Er mußte jedoch sehr schnell erkennen, daß sich solche Vorstellungen nur in einem überdachten Eisstadion verwirklichen ließen. Schon die Jugend braucht acht Monate im Jahr Training, um zu den Konkurrenten aufschließen zu können. Der EVR war schon damals hoch verschuldet.

Und dennoch!
Fischbacher konnte den damaligen Vereinsvorsitzenden - Hermann Jung für eine Stadionüberdachung gewinnen. Dieser erste Vorsitzende des EVR, Hermann Jung, war der gleiche, dem die Vollendung des zweiten Bauabschnittes im Stadion mit der Gaststätte zuzuschreiben ist. Jung schaffte es, Oberbürgermeister Dr. Albert Steinbeißer ernsthaft dafür zu interessieren. In kürzester Zeit gab es Gespräche mit dem OB und dem Architekturbüro Boventer.

Luftkissen-Dach?
Der Architekt begeisterte zunächst mit seiner Idee, ein Luftkissen-Dach zu errichten und erhielt dafür auch die allgemeine Zustimmung. Eine genaue Kostenermittlung ergab jedoch Mehrkosten und unkalkulierbare Unterhaltskosten gegenüber einer Stahl- oder Leimbinder-Konstruktion. 1970 trat Hermann Jung zurück, Marinus Fischbacher wurde 1. Vorsitzender des EVR. Er entschied sich für den Plan des Architekten Rudolf Hauser.
Aber alle Finanzierungspläne wurden durch die Kostenexplosion 1970 und die miese Finanzlage der Stadt zunichte gemacht. Fischbacher wollte schon aufgeben. Da stand die Auflösung des Rosenheimer Hallenbad-Vereins bevor. Fischbacher überredete nun Dr. Steinbeißer, einen Förderverein auch für die Hallenüberdachung zu gründen. Dessen 1. Vorsitzender wurde Dr. Steinbeißer selbst, 2. Dr. R. Finsterwalder, 3. Bürgermeister Josef Glomb, Kassier Stadtkämmerer Josef Neumeier, Schriftführer Amtsrat Hans Baumann.
Dieser "Verein zur Förderung des Eissports" brachte den Durchbruch. Fischbacher bescheinigt noch heute den Fraktionsführern Dr. Stöcker, Georg Bamberg und Nickl eine "überaus faire Verhandlungsführung", Der Rosenheimer Stadtrat beschloß bald danach den Ausbau des Kunsteisstadions zu einer Eishalle.
Der Vertrag zwischen der Stadt und dem Eissportverein sah vor: Die Stadt Rosenheim finanziert, erstellt und betreibt eine Eissporthalle. Der EVR erhält sie zu den notwendigen Zeiten kostenlos zur Verfügung. Als Gegenleistung gibt der EVR an die Stadt das Erbbaurecht zurück. Er überträgt an die Stadt das Eigentum an allen fest mit dem Grund und Boden verbundenen Gebäuden und Gegenständen.
Das waren Opfer des EVR, die sich aber auszahlten.

"Da werden wir nicht viele Spiele verlieren".
Rosenheims Oberbürgermeister Dr. Albert Steinbeißer übergab am 1. Dezember 1973 zum Spiel gegen Duisburg (8 :1) offiziell die neue Eishalle.
EVRKapitän Manni Kastner nach dem ersten Training in dieser überdachten Sportstätte: "Hier werden wir nicht viele Spiele verlieren". Er sollte recht bekommen.
3,5 Millionen Mark hatte sie gekostet, in sechsmonatiger Bauzeit errichtet. Zwölf riesige, 58 m lange Holzleimbinder überspannten in 19 Meter Höhe die Eisfläche. Die Halle ist wohl eine der größten in Deutschland. Ihre Länge 70 m, die Tribünen bieten 6500Zuschauern Platz. 144 Halogen-Tiefstrahler erleuchten die Halle taghell. Die Halle hatte dazu beigetragen, daß der Tagesordnungspunkt "Vereinsauflösung", wie zur Jahresversammlung 1960 des EVR, seither kein Thema mehr wurde. Die Mitgliederzahl verdoppelte sich nach dem Aufstieg in die Bundesliga.
Jahr für Jahr meldet nun der Sportstättenbericht der Stadt die höchste Besucherfrequenz dort. Von den Schulen, den Eisschützen, den Kunsteisläufern, den Eishockeyspielern in Training und Wettkampf. Eine Investition, die sich gelohnt hat.
Ein Wunsch stand allerdings auch schon am Anfang im Raum: Eine weitere Kunsteis-Trainingsfläche sollte es halt geben. Für das Training der Eisschützen, der Kunsteisläufer und den Eishockeynachwuchs!

Zu schwach für die Bundesliga, Abstieg 1973
Die Bundesligasaison 1972/73 endete mit dem Abstieg der Rosenheimer. Der Start war mit drei Siegen erfolgreich gewesen, aber dann blieben die Punkte aus. Trainer Dar Smit und sein Team schafften wohl überraschende Ergebnisse, hauchdünne Niederlagen, aber die Presse höhn1 bald: "Was sucht diese Mannschaft in der Bundesliga (Süddeutsche Zeitung, Bild). Am Ende der Saison fuhr aber trotzdem die Mannschaft geschlossen zum Winterurlaub nach Bad Gastein.
Trainer blieb auch in der 2. Bundesliga Dany Smit, kein Spieler kündigte, Gegner waren nun Mannheim, Deilinghofen, Duisburg. Weil die Stadionüberdachung bevorstand und so optimale Trainingsmöglichkeiten winkten, ging der EVR mit Optimismus in die neue Saison. In der Saison 72/73 war Cal Russell mit 16 Punkten, 13 Toren, 3 Beihilfen, die Nummer eins vor Edu Derkits, dem späteren Trainer, mit 10 Toren und drei Beihilfen, gewesen.
Einige Äußerungen aus dieser Zeit: "Einige meiner junge Spieler müssen lernen, richtig auf Schlittschuhen zu stehen (Dany Smit). "Diese Rosenheimer haben in der Bundesliga nichts verloren" (Markus Egen). "Wenn der Bau des Hallendaches allein oder auch nur hauptsächlich vom Aufstieg der Eishockeymannschaft in die Bundesliga abhinge, dann wären gewiß Vorbehalte anzumelden" (Max Spötzl).

1973 war‘s noch billig
Damals kostete eine Sitzplatz-Dauerkarte 90 DM, eine Stehplatz-Dauerkarte 60 DM, ein Stehplatz DM 5, ein Sitzplatz DM 7.
Die Rosenheimer Mannschaft gegen Duisburg: Fuchs (Pauliner), Mehlhart, Geratschläger, Derkits, Heidrich, Graf, Kastner, Müller, Hinterstocker, Russell, Margetts, Rohatsch, Kink, Eigmann.
Rosenheim mußte während der Bauzeit der Hallenüberdachung auf teilweise schlechtem Eis in Miesbach und Grafing für die 11. Bundesliga trainieren. Franz Lechner jammerte: "Mit ganzen zehn Trainingsstunden gingen wir in die Saison. Das Ergebnis waren 3 : 9 Punkte in den ersten Spielen, dann 4:8 in Pfronten, 4:12 in Mannheim. Dann folgte ein 4:3 gegen Miesbach, 4:3 gegen Landsberg, 9:3 in Ravensburg Die Mannschaft steigerte sich. Ohne den verletzten Russell 3:3 gegen Deilinghofen. Tormann Pauliner und Eigmann verletzt, mit nur zwei Sturmreihen gab es ein 1 : 6 gegen Tabellenführer Kaufbeuren, dem späteren Rosenheimer Schreck.
Spielbestimmender Kämpfer war Manfred Kastner, seit seinem 12. Lebensjahr aktiv. Der Kapitän der Rosenheimer hat sicher bis zu seinem Abschied an die 1000 Spiele für Rosenheim bestritten. Er war jederzeit das Vorbild eines fairen, charakterlich wertvollen und sympathischen Sportlers. Er ist auch noch im Landesliga-Team des TC 1860 einer der besten Spieler.

Holzkirchen, EVR-Farmverein
Rosenheim schloß mit dem EC Holzkirchen einen Vertrag auf Gegenseitigkeit. Das bedeutet den Zugang der drei Junioren-Nationalspieler Hinterstocker, Volkmar Müller und Eigmann für die Zweit-Bundesligamannschaft des EVR. Dafür lieferte Rosenheim den Holzkirchnern als NachbarschaftshiIfe die benötigten Spieler für die 1. Mannschaft. Rosenheim mußte den Verlust von Baldauf (Köln), Lindermann (Holzkirchen) und Pöttinger (Tölz) verkraften und war deshalb über die Zusammenarbeit mit Holzkirchen recht froh.

Cal Russell war Spitze
Ein technisch begnadeter Spieler war damals Cal Russe!. Freilich war er nicht so vielseitig wie heute Höfner, auch kämpferisch nicht von gleicher Qualität, aber er spielte ein hinreißendes Eishockey. Der in Rhodesien geborene Kanadier spielte mit 20 beim Profiteam der Minnesota North Stars. Seine Spielkunst und Ausstrahlung machten ihn in Rosenheim zum absoluten Star. Er allein zog Tausende ins Stadion. Der Füssener Gustav Hanig sagte damals: "Dieser Mann ist das Beste, was zur Zeit auf deutschem Eis steht." Als überragender Mann schoß er für den hoffnungslosen Tabellenletzten Rosenheim allein 32 Tore..

Defizit 1973: 96000 DM
In der Jahreshauptversammlung des EVR-Eishockey vom 4. Mai 1973 schließt der Bericht von Kassier Söllner mit einem Defizit von 96000 DM ab. Söllner und Fischbacher bestätigen der Versammlung, das Defizit sei voll abgedeckt.
Neuer Trainer wird ab August der 52jährige Tscheche Dr. Zdenek Cerveny. Im Gespräch war auch Frank Trottier.
Bernd Geratschläger war zu dieser Zeit mit 31 Jahren dienstältester Spieler der 1. Mannschaft. In 15 Jahren hatte
er bis dahin rund 650 Spiele gemacht Als 16jähriger mußte er den Platz des fast unersetzlich scheinenden, tödlich verunglückten Verteidigers Fritz Kögl einnehmen. In der Jugend war Bernd Torhüter, ein Kämpe vom alten, zuverlässigen Schlag.
Lob für das begeisterungsfähige und sachkundige Rosenheimer Publikum gab es beim Rosenheimer Länderspiel gegen Japan, das Kießlings Nationalmannschaft mit 9: 6 gewann. Rosenheim verzeichnete neuen Stadionrekord mit 6000 Zuschauern.
In der Saison 73/74 hatte es in 36 Meisterschaftsspielen der 11. Bundesliga für Rosenheim 22 Siege, vier Unentschieden gegeben, 15 Heimspiele wurden gewonnen.
1974 mit Gerhard Kießling
Am 13. Juli 1974 übernahm Diplomsportlehrer Gerhard Kießling das Training in Rosenheim. Sohn Udo, ein Verteidiger, kam mit. Der 31-fache finnische Nationalspieler Tommi Salmelainen stößt zum EVR und ist neben Cal Russell zweiter Ausländer. :
Im August 1974 spielt Rosenheim um den Thurn- und Taxis - Pokal mit Trainer Gerhard Kießling hatte seinen Spielern aufgetragen, gegen die Nationalmannschaft Rumäniens "brutal zu stürmen". So kam es, daß in diesem ersten Rosenheimer Sommereishockeyspiel für den EVR ein achtbares 3:4 (1 :1,1 :2,1 :1) vor 3000 Zuschauern herauskam.
Finnlands Meister Jokerit Helsinki dämpfte danach den Rosenheimer Überschwang und bestrafte das zu offensive Spiel der Rosenheimer mit 1 0: 4 (4: 2,3: 0,,3: 2). Cheftrainer Tapio Kauppinen danach: "Dies war unser bestes Spiel in Deutschland".
Im nächsten Spiel rettete Polens Nationalmannschaft erst drei Minuten vor Ende gegen den Rosenheimer Zweitligisten ihren knappen 5: 4 (1 :1,2 :1, 2: 2-Sieg). Meistgefeierter Spieler wurde der von Polen ausgeliehene Torwart Slowakiewicz.
Gegen den österreichischen Vizemeister Sparkasse Innsbruck folgte dann ein sicherer 8: 3-Sieg. Der 13fache italienische Eishockeymeister Cortina Doria verlor gegen Rosenheim 6: 7, der verstärkte italienische Vizemeister Alleghe hatte gegen Rosenheim ein 7: 7 erzielt
In der Abschlußtabelle des Thurn- und Taxis - Pokalturniers wurde Rosenheim unter acht Mannschaften ehrenvoller Sechster vor Cortina und Alleghe.

In dieser Saison 1974 war auch ein Trainerwechsel beim DEB fällig: Nachfolger von Gerhard Kießling wurde der 43-jährige Xaver Unsinn, Absolvent der Sporthochschule Köln, Inhaber der DEB-Trainer-Lizenz, zehn Mal deutscher Meister, davon acht mal als Spieler, 1953 Vizeweltmeister mit der Nationalmannschaft, 74 Länderspiele, von denen zwei nicht offiziell registriert wurden.
Kießling und Abteilungsleiter Lechner setzten als Saisonziel 1975 den Aufstieg in die Bundesliga.
Noch nie hatte eine Rosenheimer Mannschaft ein so großes Trainingspensum im Sommer und auf dem Eis absolviert, Verstärkungen waren geholt worden. Kießling: "Was wir kriegen konnten."
Der Startsieg über Miesbach mit 8:3 fiel erwartet deutlich aus. Rosenheim ist bald zum Favoriten aufgestiegen. Der Kanadier Ed Herbert, der später zu einem Publikumsliebling werden sollte, wird avisiert, Udo Kießling ist Rosenheims einziger Nationalspieler.
Rosenheim wird Favorit
Trainer Kießling zeigt Härte: Stürmer Heidrich war gefeuert worden, weil er seiner Meinung nach nicht spurte. Kießling hatte auch sonst Sorgen. Beide Torhüter, Fuchs und Pauliner, waren gleichzeitig verletzt
Augsburgs Nationalspieler Ernst Höfner, der im Spiel gegen Rosenheim einen großen Einstand feierte, wurde tags darauf 17. 'In Augsburg hatte Trainer Georg Wenzl seine Spieler gegen Rosenheim so motiviert: "Seit den großen Tagen der Füssener gab es in keiner Eishockey - Klasse mehr einen klareren Titelanwärter in der Bundesliga 11 den EVR. Ex-Bundestrainer Gerhard Kießling hat eine tolle Truppe beisammen. Aus dem Team ragten Nationalspieler Kießling, Eibl, Derkits heraus. Dazu der starke Kanadier Hebert und Jungtalent Hinterstocker." Soweit die Augsburger zum Spiel gegen EVR.
Und Rosenheim trumpft auf: 9: 0 gegen Tabellenführer Duisburg.

2. Bundesliga ein Erfolg
Mehr und mehr zeigt sich, daß die 2. Bundesliga, die auf Initiative vom EVR-Vorsitzenden Marinus Fischbacher ins Leben gerufen wurde, auch ein wirtschaftlicher Erfolg ist. Sie hat so groß eingeschlagen, daß auf Anhieb 7000 und 4000 Zuschauer in Augsburg, zweimal 4500 in Rosenheim, 4000 in Mannheim gezählt werden. Die große Überraschung ist der AEV, dem man anfänglich nicht viel zugetraut hatte.
Ein Blick auf die Rosenheimer Mannschaft in dieser Phase:
Derkits, Graf, Kokoschka, Käsbohrer, Eibl (aus Landshut), Fischbacher, Müller, Hermann, Kink, Herbert, Heidrich, Kastner, Hermann Hinterstocker, Schloots, Hans Müller, Kießling, Sasjadvolk, Schmöller, Eigmann, Pauliner, Brucker, Geratschläger, Mehlhart, Tuma.
Rosenheim ist nach dem vierten Heimsieg mit 8:2 über Landsberg auf dem Weg zur Spitze. EVR wird Tabellenführer mit 10:4. Peiting verliert in Rosenheim 10:3.

Tuma führt
5500 Zuschauer umjubeln ihr Rosenheimer Team, als der EVR seinen Mitfavoriten um den Aufstieg, Deilinghofen, mit 8:1 förmlich zerlegt. Jaro Tuma führt mit 21 Treffern mit einem Riesenvorsprung die Torschützenliste der 2. Bundesliga an. Er wird zum Dreh- und Angelpunkt im EVR-Team. EVR-Vorsitzender Fischbacher läßt dazwischen seine Enttäuschung darüber hören, daß. die Nachwuchsarbeit noch keineswegs nach seinen Vorstellungen läuft.
Was heute Wacki Kretschmer erlebte, widerfuhr damals auch dem 19jährigen Rosenheimer Nationalverteidiger Udo Kießling. Wo er hinkam, versorgten ihn die Schiedsrichter mit Strafen. War es sein Vater, der die Unparteiischen von vornherein gegen Udo einnahm?
Der 27jährige Nachfolger von Cal Russell, Jaro Tuma, ist absoluter Publikumsliebling. Seine Tore sind die schönsten. "Tuma, Tuma noch einmal - es war so wunderschön..." lauten die Sprechchöre. Nachwuchstrainer Helmut Wolfsegger wirbt um junge Talente.
Rosenheims Siegeszug geht weiter: In 12 Spielen hat Rosenheim die meisten Tore (79) der Liga erzielt, die wenigsten Gegentreffer (29) hinnehmen müssen.

Kießling nicht für Defensivspiel
Vor Rekordbesuch von 6000 Zuschauern bleibt Rosenheim beim 5: 2 über Mannheim auch im neunten Spiel daheim unbesiegt. Trainer Kießling weist den Vorwurf, seine Leute spielten zu offensiv, zurück. Er sei kein Anhänger von Defensivspielen. Er zeigt sich unglücklich darüber, daß es nicht gelingt, einen dritten starken Block aufzustellen. Kießling leitet wegen eines Oberschenkelbruchs das Training mit dem Mikrophon.
Als der EVR auch den Tabellenzweiten SGN in Nürnberg mit 5: 3 abfertigt, bedeutet das schon beinahe die Halbzeitmeisterschaft.
Edu Derkits, Rosenheims nachmaliger Bundesligatrainer, erzielt beim 9:2 über Pfronten Rosenheims 100. Tor.

Gegen Augsburg ausverkauft
Das Eishockeyfieber in Rosenheim nahm vor dem Spiel gegen Augsburg ungeahnte Formen an. Es gab keine Karten mehr, die Halle wurde zu klein, es waren ganz sicher mehr als die offiziell gemeldeten 6000 Besucher. So was hatte Rosen heim noch nie erlebt, was beim 9: 2 über den ABI, den Tabellenzweiten, sich abspielte. Rosenheim hatte die Reifeprüfung für die Bundesliga bestanden. Zwei Wochen vorher waren die Sitzplätze schon ausverkauft: Noch bei Spielbeginn gab es Käuferschlangen, die enttäuscht abziehen mußten.
Autonummern auf den Parkplätzen im weiten Umkreis des Stadions wiesen daraufhin, daß die Besucher aus dem gesamten Oberland und aus dem benachbarten Österreich kamen. Seit die Kießling-Truppe von Sieg zu Sieg eilt, ist Eishockey unbestritten die Nummer eins unter den Sportarten in Rosenheim.

Erfolg mit Kießling
Augsburg rächte sich mit 11 : 0 über Miesbach und zeigte damit, daß Rosenheim keinen schwachen Gegner mit dem AEV bezwungen hatte. Rosenheims Erfolg war mit Trainer Gerhard Kießling gekommen.
EVR-Vorsitzender Marinus Fischbacher klagt: "Trotz des Baus der Eissporthalle und der sportlichen Erfolge sind die Mitgliederzahlen im EVR stark rückläufig."

Wechselbad
Rosenheims Fans wurden danach einem Wechselbad ausgesetzt: Der Tabellenführer feierte am Freitag mit 15: 5 über den Fünften, Nürnberg, den höchsten Sieg, kassierte dann am Sonntag beim einzig noch verbliebenen Rivalen AEV eine deftige 4:10-Packung.
Trotzdem: Rosenheim war nicht mehr zu stoppen. Es fegte die gut im Rennen liegende SG Nürnberg, den EV Pfronten vom Eis. Der elfte Heimsieg Rosenheims bescherte Duisburg vor 4000 Besuchern eine 2: 7 - Niederlage. Rosenheim verliert in Mannheim unglücklich 1 : 2.

Glorreiche Saison
Rosenheim gerät beim 8: 2 in Miesbach und beim 9: 0 über Landsberg im Heimspiel nicht in Gefahr. Eine glorreiche Saison, wie sie sich ein Fan nur erträumen kann! Jetzt sind Augsburg und Mannheim die stärksten Konkurrenten um die Meisterschaft.
Rosenheims Trainer Kießling auf die Frage, ob seine Mannen durch das tägliche Training, das er seit einem halben Jahr eingeführt hat, nicht überfordert würden: Nein! Zweimal täglich sei noch besser.
Zehn Spiele vor Ende der Meisterschaft führt Rosenheim mit fünf Punkten Vorsprung vor Augsburg in der 2. Bundesliga. Mannheim und Augsburg müssen noch nach Rosenheim. Am Faschingssamstag schockt der Tabellenvierte Deilinghofen den EVR, als er an der Mangfall mit 3: 0 in Führung geht. Rosenheim holt zum 3: 3 auf, aber die Heimbilanz ist verunziert: 27:1 Punkte.
Tuma hat von den 177 Rosenheimer Treffern allein 46 geschossen. Aus dem Deilinghofener Hexenkessel bringt der EVR ein 6: 2 und die verletzten Eibl, Kießling und Derkits mit. In Duisburg gab's einen 4: 2-Sieg. Der ehemalige Reichersbeurer Stürmer und nunmehrige Torhüter Siegi Harrer, 19, der in Degerndorf seinen Wehrdienst ableistet, ist Rückhalt der Mannschaft.
Im Allstar-Team der 2. Bundesliga sind die Rosenheimer Kießling, Derkits, Tuma aufgeführt. Willy Buchecker in seiner Faschingspredigt: "Wir glauben an das ewige Leben in der zweiten Bundesliga". Denkste!

Revanche an Mannheim
Obwohl der verletzte Udo Kießling kaum den Arm heben konnte, war er dabei, als es um Revanche gegen Mannheim ging. Und mehr als 6500 Fans hämmerten auf die Rosenheimer ein: Noch ein Tor! Mannheim unterlag dem meisterlichen Rosenheimer Spiel 1 : 7! Aber: Mittelstürmer Manni Kastner und Torjäger Hebert verletzt.
Beim Tabellenfünften SG Nürnberg schießt Tuma sein 50. Tor, das 200. für Rosenheim, der Sieg ist klar: 6: 3. Und Rosenheim gewinnt im Spielrausch ein Privatspiel in Deggendorf mit 7:5 gegen Landshut.
Die Entscheidung der 2. Bundesliga naht. Für das Heimspiel gegen Augsburg sind seit langem die Plätze samt und sonders ausverkauft. Rosenheim liegt ohnehin schon mit 63500 Zuschauern vor Augsburg (52500, Mannheim 49700) an der Spitze. Rosenheim ist nun eine echte Eishockey-Hochburg geworden.
Franz Lechner stellt vor. Sein Dreijahresplan: Aufstieg in die 1. Bundesliga, 1975/76 Erhalt der Bundesliga 1 und Platz 7-9, Saison 77/78: Vorstoß ins Mittelfeld und Platz 4-6.
Rosenheim konnte sich schon als Meister fühlen: Während der EVR beim Neuling Peiting mit 14: 4 ein Schützenfest feiert, verlor der einzige Verfolger, Augsburg, in Mannheim 3:6.

Das Gipfeltreffen mit Augsburg
Am Freitag, 7. März 1975, fand dann das historische Ereignis, das Gipfeltreffen Rosenheim - Augsburg an der Mangfall statt. Wer das miterlebt hat, ist für alle Zeiten dem Eishockeyspiel verfallen. "Ein Tag, so schön wie heute", ja, das war es wirklich, ein Eishockeyfest, das weit über 7000 Zuschauer, es müssen 8000 gewesen sein, mitfeierten, das alle Grenzen der Zurückhaltung sprengte, das auch nicht von der deutschen Meisterschaft übertroffen werden konnte.
Dies war ein Ereignis, wie es einem nur selten im Leben gegönnt wird, die Entschädigung für Enttäuschungen, für Niederlagen. Diese herrlichste Nebensache der Welt, diesen Glücksfall, bezeichnete Rosenheims Mannschaftskapitän, der ungeheuer populäre Manni Kastner, so: "Der Aufstieg war mein schönster Erfolg am Ende meiner Laufbahn."
Ja, das war der Aufstieg aus der Zweitklassigkeit. Rosenheim wurde mit 5: 2 (3: 2, 2: 0, 0: 0) über den Vizemeister neuer Bundesligist. Kießling (Tuma), Hans Müller (Tuma), Hans Müller (Kastner), Kießling (Hans Müller), Kink, schossen Rosenheims Tore.
Besonders eifrig auf der Gegenseite ein Ernst Höfner, der mit Prestele das erste Gegentor schoß, beim zweiten von Prestele die Beihilfe dazu leistet, Augsburgs Trainer Junghanns wünschte soviel Glück in der 1. Bundesliga wie in der zweiten.
EVR-Trainer Kießling: "Einige meiner Spieler zeigten Verschleißerscheinungen."
EVR-Kapitän Manni Kastner. "Ich spreche im Namen der gesamten Mannschaft, wenn ich dem Publikum einen großen Teil des Erfolgs zuspreche."

243. Tor gegen Landsberg
Im letzten Heimspiel gewann Rosenheim gegen Miesbach nach 1 : 3-Rückstand noch 7 : 5. Rosenheims 243. Tor beim 3 : 2 gegen Landsberg besiegelte dessen Abstieg. Das "Wunder von Rosenheim" war perfekt, das erfolgreichste Jahr in Rosenheims Geschichte wahr geworden.
In 36 Spielen hatte Rosenheim 92 Gegentreffer erhalten. Torschützen waren Tuma mit 58, Hinterstocker mit 33, Hebert mit 31, Graf mit 27, Kießling mit 21, Derkits mit 18, Kastner mit 13, Hans Müller mit 11.

Endgültig zur Spitze
Was auch noch in Rosenheim für Eishockeyhöhepunkte kommen sollten, schwer vorstellbar, daß sie den Fans mehr Glücksgefühle bescheren, mehr Nähe zu den Aktiven, als in diesem historischen Jahr 1974, als Rosenheim endgültig zur deutschen Leistungsspitze vorstieß. Unter Abteilungsleiter Franz Lechner und Vorsitzendem Marinus Fischbacher.

Das letzte EVR-Kapitel: 1977
Im März 1977 fließen in der Rosenheimer Kabine neben Sekt, ein Fan hatte zehn Flaschen gestiftet, auch Freudentränen. Im. entscheidenden Abstiegsspiel gegen Augsburg hatte der EVR 6:1 gewonnen und damit den Klassenerhalt gesichert. 500000 DM Schulden soll der EVR haben. Trotzdem will sich der EVR noch verstärken. Fischbacher und Lechl sind zurückgetreten. Dr. Steinbeißer wird als neuer Vorsitzender vermutet. Ein Inserat sucht für den EVR einen "jungen," dynamischen, einsatzfreudigen, sportbegeisterten Betriebswirt oder Kaufmann als hauptamtlichen Geschäftsführer." Die Finanzkrise treibt sichtlich ihrem Höhepunkt zu.

Max Inzinger kommissarischer Vorsitzender
Nach dem Rücktritt fast der gesamten Vorstandschaft im April 1977 springt der Fernsehkoch Max Inzinger als kommissarischer Vorsitzender des EVR in die Bresche. Für ihn stellen sich nur zwei Alternativen: Entweder Konkurs, oder weiter erstklassig. Dem 32jährigen Ruhpoldinger steht Franz Lechner als sein Stellvertreter zur Seite.
Eine Sportveranstaltungs- und Werbe-GmbH mit Inzinger als Geschäftsführer und einzigem Gesellschafter bei 20000 DM Einlage wird gegründet. Die Stadt Rosenheim verzichtet rückwirkend und für einige Zeit auf die Stadionmiete, wodurch sich ein Zuschuß von etwa 200000 Mark ergibt. Wirtschaftsprüfer haben Verbindlichkeiten des EVR in Höhe von 980000 DM festgestellt. Der Oberbürgermeister Dr. Steinbeißer äußert die Befürchtung, Eishockey könne zu einem Dauerzuschußbetrieb der Stadt werden.

Schlamperei. . .
Neuer Trainer des EVR wird im Mai 1977 der finnische Hochschulsportlehrer Jorma Thusberg, 32.
Das Geschick des EVR trieb nun schwindelerregend schnell der Entscheidung zu. Der Konkurs war nicht mehr abzuwenden. Zahlreiche Verhandlungsrunden seit Februar führten zu keinem Erfolg. Ein Gremium aus elf Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft startete einen letzten Versuch. Mit einem Zuschuß von 130000 DM, verteilt auf drei Jahre, sollte wenigstens der Fortbestand der Nachwuchsmannschaften gesichert werden.

Eisschützen und Eiskunstläufer hatten sich vor dem Konkurs aus dem EVR herausgelöst und einen eigenen Verein gegründet.
Dem Wirtschaftsbeirat, der sich um das Überleben der Eishockeyabteilung bemühte, gehörten auch Staatssekretär Neubauer, MdL Schlosser und Dr. Steinbeißer an.
Franz Lechner sollte bei einem Wechsel zum Sportbund die Abteilungsleitung übernehmen. Er konnte inzwischen nach wie vor die Mannschaft bei der Stange halten.
Mit der Einleitung eines Konkursverfahrens des EVR hat der 1911 gegründete Verein zu bestehen aufgehört. Für die Abwicklung wurde mit dem 41jährigen Handelsvertreter Frank Pusch ein Notvorstand bestellt, Konkursverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. Hans Reiter.
Der DEB hatte nun zu prüfen, ob Rosenheims Mannschaft weiter in der Bundesliga spielen kann. Der EVR-Stamm trat der Landesliga - Eishockeymannschaft des TC1860 im TSV 1860 Rosenheim bei und wechselte von dort zum Sportbund. So war den Regeln Genüge getan. Abteilungsleiter Franz Lechner und Gottfr. Thalmaier. Neuer Trainer wurde Xaver Unsinn. Die Wirtschaftlichkeit des Sportbund-Eishockey schien dem DEB noch immer nicht gesichert. Es lag ein Brief vom Konkursverwalter des EVR vor, mit der Frage, ob die Spieler ohne Ablöse zum SBR wechseln könnten.

Verstärkungen für Sportbund
Die neue Abteilungsleitung langte trotzdem kräftig zu: Neu verpflichtet wurden Oldrich Machac, Jiri Holik, Peter Scharf, "Charly" Hans Meister, Tino Brandl, Holger Meitinger.
In der Saison 1978/79 kommt Trainer Dany Malone nach Rosenheim. Kapitän Helmut Keller bezeichnet ihn als "Supertrainer", der dieser gewiß nicht ist. Nach nur acht Spielen wurde Malone fristlos gefeuert. Edu Derkits springt als Trainer mit Erfolg ein.
Das Schicksal in den geordneten Bahnen des Sportbund DJK Rosenheim konnte nun seinen Lauf nehmen.

Das Meisterstück in Rosenheim
Der 62. deutsche Eishockeymeister hieß denn auch Sportbund DJK Rosenheim. Am 14. März 1982 fand das denkwürdige Endspiel zwischen Rosenheim und ERC Mannheim an der Jahnstraße statt, Höhepunkt systematischer Aufbauarbeit unter Trainer Dr. Pavel Wohl. Rund 8000 Zuschauer bejubelten den neuen Meister Rosenheim, der nach dem 6 : 2 in Mannheim neuerlich mit 4: 0 (1 : 0,1 : 0, 2: ( gewonnen hatte, der gefeiert wurde, wie niemals zuvor eine Mannschaft in Rosenheim. In einem Sturm der Begeisterung brachen alle Dämme, die Fans rissen schier die Rosenheimer in Stücke, niemand schämte sich seiner Tränen.
Scharf hatte eine Vorlage von Machac zum 1 : 0 verwertet, Gerd Baldauf verwertete die Vorarbeit von Zach und Masters zum 2: 0, "Charly" Meister, auf Zuspiel von Kretschmer, und schließlich Adlmaier (in Zusammenspiel mit Lechl und Meister) sicherten endgültig den Titelgewinn. -
Und dann durfte der Sekt in der Kabine in Strömen fließen. Die nachfolgende Siegesfeier in der lnntalhalle war dem Anlaß angemessen. Sie wurde zu einem echten Volksfest.
Rosenheim hatte nach 44 Spielen als Fünfter 44: 44 Punkte, 25 weniger als Landshut, erreicht, was dessen Trainer Karel Gut zu bitteren Kommentaren über den "Zufallsmeister" veranlaßte.
Bundestrainer Xaver Unsinn stellte lapidar fest: „Rosenheim ist verdient deutscher Meister geworden". Mannheims Trainer Ladislav Olejnik war ein fairer Verlierer: "Der Titel ist in den richtigen Händen gelandet. Rosenheim war in Superform." Rosenheims Erfolgstrainer, der stille Dr. Pavel Wohl: "Unsere Erfolgsfaktoren waren Disziplin, Kampfmoral und mannschaftliche Einheit". Präsident Josef März: "Dieser Erfolg ist einmalig".

Wie Rosenheim deutscher Meister wurde
Dieser 14. März 1982 gehörte in Rosenheim dem Eishockeysport. Nicht nur Setzer und Drucker des Oberbayerischen Volksblattes waren schier aus. dem Häuschen, umarmten sich, taten in ihrer überschwenglichen Freude schier Sinnloses: Der Sportbund war deutscher Eishockeymeister. Erstmals in der 60jährigen Rosenheimer Eishockeygeschichte! 8000 Menschen füllten die Halle an der Mangfall bis auf den letzten Platz.
Im ersten Finalspiel beim Mannheimer ERC hatte Rosenheim 6:2 (2:1,2:1,2:0) gewonnen. Der junge Berwanger hatte nach Paß von Zach den Torreigen eröffnet. Der junge Maidl traf, dann wieder Berwanger, Christian Kokoschka, Ernst Adlmaier, Peter Scharf. Die Rosenheimer hatten sich so eine hervorragende Ausgangsposition für das Rückspiel gegen das Team von Trainer Olejnik geschaffen. Jetzt mußte der große Streich glücken. Im zweiten Jahr der Trainertätigkeit von Dr. Pavel Wohl.
Ja, dieser Dr. Wohl! Der 40 jährige Tscheche, Doktor der Philosophie, einstiger Trainer des Junioren-Weltmeisters CSSR, hatte in Mannheim seine Mannschaft, eine ohne Stars, mit Taktik und Disziplin zum Sieg geführt.

Das Endspiel, 4 : 0
Am Sonntag nach dem Mannheimer Spiel pfiff Kompalla das Endspiel an der Mangfall an. Tausende sahen es unmittelbar, weitere Tausende lauschten dem Bericht im Rundfunk, sahen es auf dem Bildschirm. Es mußte die Krönung im Rosenheimer Eishockey werde, einer knallharten, kraftraubenden Saison. Die Mannschaft mit den besten Nerven, den größten Kraftreserven, dem besten spielerischen Konzept wird gewinnen. Das 4: 0 (1 : 0,1 :0,2: 0) über den ERC löst in der Eishockeywelt deshalb so große Überraschung aus, weil die letzten Rosenheimer Erfolge so überraschend kamen. In der Vorrunde hatten die Rosenheimer nur Platz fünf belegt, in der Play-Off-Runde dagegen wurden erst Titelverteidiger SC Rießersee und dann der absolute Titelfavorit EV Landshut ausgepunktet.
Noch im Januar hatten die Rosenheimer eine Krise in sieben Spielen gehabt. Die schwache Bilanz: 1 : 13. "Vater des Sieges" im Endspiel war nicht nur der Coach. Da war Karl . Friesen, 23, aus Winnipeg. Er hatte in Mannheim in zwei Dritteln 32 Schüsse pariert, in Rosenheim ließ er sich nicht einmal bezwingen. Für ein Endspiel eine schier unglaubliche Leistung; auch seiner Mannschaftskameraden.
Und da wäre auch noch der überragende tschechoslowakische Verteidiger, Weltmeister Oldrich Machac, zu nennen, der mit diesem deutschen Titel seine Karriere beendete und wie ein König gefeiert wurde, wie seine Kameraden, im Jubelsturm der Massen, in der Eishalle schier erdrückt wurde.
Erinnern wir uns an dieser Stelle, was diese deutsche Meisterschaft so einmalig machte: Noch vor vier Jahren schien für das Rosenheimer Eishockey ein Unrühmliches "Aus" zu winken. Der EVR war mit einer Million Mark Schulden in Konkurs gegangen. Der Verein hatte sich aufgelöst.

Ein echter Mäzen der Retter
Nur weil sich mit Josef März ein echter Mäzen, ohne jede Nebenabsicht, fand, konnten die Spieler geschlossen zum Sportbund übertreten. Und nun dieser Triumph! Es durfte gefeiert werden. Bei einem einwöchigen Urlaub in Togo, bei einer Meisterschaftsfete in der lnntalhalle, die zu einem echten Volksfest wurde, wo sich die Lieblinge der Massen hautnah als Menschen wie du und ich zeigten. Wo es Sprechchöre gab, Szenen unglaublicher Begeisterung für "ihre" Spieler.

Die letzte Saison
"So ist eben der Sport" hatte Rosenheims Trainer Dr. Wohl lapidar festgestellt, als der Sportbund 1983 im Halbfinale der deutschen Meisterschaft gegen Mannheim ausschied. Rosenheim ist Dritter geworden, genau nach Plan, der vorsah, sich wiederum nach dem fünften Rang unter nur noch zehn Erstligisten zu verbessern.
Nach einem unglücklichen Start hatte sich der Sportbund bis in die Endrunde vorgekämpft und auch auswärts weitaus mehr Punkte als im Jahr zuvor geholt. Die Mannschaft war entschieden stabiler geworden. In vier Treffen in neun Tagen gegen Mannheim, den späteren Vizemeister, gab es nur hauchdünne Niederlagen für den SBR, Verlängerungen und, erstmalig, sogar ein Penalty-Schießen. Es ist gewiß nicht abwegig, wenn man feststellt, daß von zwei Klassemannschaften die glücklichere ins Endspiel kam.

SBR verbessert
Eine nüchterne Bilanz der Saison 82/83 beweist mit Fakten eine bessere Saisonleistung der Rosenheimer als ein Jahr zuvor. Da wurde der Besucherschnitt mit 4400 übertroffen. Allein fünf Spiele waren mit rund 35000 Besuchern ausverkauft. 22 Spieltage lang behauptete Rosenheim Rang drei. Aus den 25 Punkten Rückstand zum Tabellenführer im Vorjahr wurden diesmal nur noch sieben. Rosenheims Abwehr war hinter Mannheim die zweitbeste, der SBR-Sturm war der vierterfolgreichste der Liga. Sechs Spieler rückten in den Nationalkader auf: Höfner, Friesen, Adlmaier, Scharf, Klaus, Kretschmer.
Mehr Rosenheimer Spieler als jemals zuvor sind in den Zehnbestenlisten des DFB verzeichnet. Die "Einkäufe" Höfner, Klaus, Ahne, Bourbonnais erwiesen sich als wahre Glückstreffer. In der Fair-Play-Tabelle war Rosenheim weit vorne zu finden.
Angesichts dieser Bilanz kann auch die mißlungene Titelverteidigung nicht betrüben, die seit 1969 ohnehin keinem Meister mehr gelungen ist. Mißt man Rosenheims dritten Rang an dem vierten der Kölner "Haie", die mit ihrem Star-Ensemble als Top-Favorit galten, dann kann man Rosenheims Aufschwung, die Arbeit von Dr. Wohl und die Leistungsbereitschaft seiner Mannschaft erst richtig würdigen. Allerdings: Eine neuer Modus mit einer dritten Doppelrunde könnte den Nervenkitzel des "Best of Five" - Play-off nicht ersetzen.
Einige Zahlen von der letzten Saison: Rosenheim, Dritter der Bundesliga, gewann von 36 Spielen 23, spielte dreimal unentschieden und verlor zehn mal. Es schoß 161 :103 Tore, errang 49:23 Punkte. Die Heimbilanz: 97:49 Tore, 29:7 Punkte, auswärts 64:54 Tore, 20:16 Punkte.
Gegen Füssen, Düsseldorf, Iserlohn gewann Rosenheim alle vier Spiele, gegen Rießersee und Schwenningen drei, gegen Kaufbeuren und Köln zwei, gegen Mannheim und Landshut eins. Torschütze Nummer eins war Bourbonnais mit 31 Treffern vor Adlmaier 27, und Höfner 21. Die Scorerliste (einschließlich der Beihilfen) führt aber Höfner mit 68 Punkten vor Bourbonnais mit 62 und Adlmaier 45 P. an.

Unvergeßlich: Europacup-Spiele
Gewiß hatte das Rosenheimer Eishockey im Sportbund schon viele sportliche Höhepunkte erlebt. Solche, die mit überschäumender Begeisterung gefeiert wurden, die Tau_ sende in einen Begeisterungstaumel versetzten. Was aber dann 'Dr. Pavel Wohls Truppe im Europacup: .Wettbewerb der Landesmeister 1983 zuwege brachte, läßt kaum mehr eine Steigerung zu. '
Der SC Rießersee als Vorgänger des deutschen. Meisters 1982, SB Rosenheim, war in die Endrunde des Europacups 1982 vorgedrungen. So durfte Rosenheim als Gesetzter eingreifen. Gegner war Schwedens Meister AIK Stockholm, ein international hochgeschätztes Team.
Der Schwedenmeister war in der dritten Runde Gastgeber für die Rosenheimer in Stockholm. Ein Los, das sich jeder wünscht, weil dann im Rückspiel der Gegner mit allen Stärken und Schwächen bekannt ist.
Unter dem finnischen Schiedsrichter Malinen bewiesen die Provinzler aus Oberbayern eine erstaunliche Kampfkraft: Sie jagten immer wieder den 3000 Zuschauern Schauer des Schreckens über den Rücken. Trainer Dr. Wohl hatte es verstanden, seine Truppe mit einer geradezu phantastischen Kampfmoral zu impfen, sie taktisch gegen die Schweden hervorragend einzustellen.
Die Rosenheimer steckten Tore weg, kämpften, als ginge es um Leben und Tod. Dabei war nicht zu übersehen, daß der SBR-Coach das Kunststück fertig brachte, seine Kämpfer so am Zügel zu führen, daß sie bei allem knochenharten Einsatz noch weniger Strafminuten kassierten als die Heimmannschaft.
Und es wurde die Stunde des jungen Manfred Ahne. Er rechtfertigte die hohe Meinung seiner Kameraden, schoß ein Tor. Jamie Masters, der sich als ungestümer Angreifer erwies, aber seine eigentliche Aufgabe, die Verteidigung, keineswegs vernachlässigte, schoß gleichfalls ein Tor und überwand damit Supertorwart Leidborg. Wolfgang Hellwig war diesmal in seinem Element und steuerte ebenfalls einen Treffer bei. Darüber hat er sich wohl selber am meisten gefreut, denn bisher hatte ihn unbegreifliches Schußpech verfolgt.
Das 3: 6 (0:1, 2: 3,1 : 2) mußte eine gute Ausgangslage für das Rückspiel in Rosenheim sein. Vier Tore waren nun in Rosenheim aufzuholen. Wo anfangen mit dem Lob für die Kämpfer im Rosenheimer Team? Karl Friesen im Tor, Kapitän Hans Zach, der verletzte Ernst Adlmaier an der Spielerbank, der Coach, nein, jeder einzelne erfüllte sei ne Aufgabe. Wer vermag zu sagen, ob Gerd Baldauf, ob Christian Kokoschka mehr leisteten als Ernst Höfner, als Bourbonnais? Die Mannschaft spielte wie aus einem Guß, zeigte keinerlei Unsicherheiten, ein feinnerviges Instrument in der Hand eines Könners von Trainer.

8:4 in Rosenheim
"Dramatisch", "mitreißend", ein "Traumspiei", Superlative reichen nicht aus zu beschreiben, was 5900 Zuschauer beim Europa-Cup-Rückspiel gegen AlK Stockholm in Rosen heim erlebten. Nie zuvor war in Rosenheim Eishockey von dieser Dil1lension gespielt worden. Dagegen verblaßten Spiele, die den Aufstieg in die Bundesliga gebracht, das gewonnene Endspiel um die deutsche Meisterschaft. Hier überschritt das Rosenheimer Team klar die Grenzen seiner Möglichkeiten, steigerte sich unter der inbrünstigen Anfeuerung der Fans in eine Superform. Und die war auch nötig, um Schwedens Landesmeister AlK Stockholm 8: 4 (3: 1, 3: 3, 2: 0) auszuspielen.
Bei diesem Spiel versagt beinahe die sprachliche Schilderung, um die fiebernde Spannung zu beschreiben. Die Zuschauer wurden einem unerhörten Wechselbad der Gefühle unterzogen, geschockt durch die Aufholjagd der Schweden, in alle Höhen des Jubels getragen durch die Rosenheimer Treffer, gepeinigt durch eine beinahe unerträgliche Spannung. Die Leute auf der Tribüne waren am Ende beinahe ebenso erschöpft wie jene im Rosenheimer Trikot, die kaum mehr einen solchen Jubelsturm erleben werden, einen solchen Ausbruch kollektiven Glücks, wie nach ihrem I 8:4 Sieg.

AlK zu siegessicher
Um so bestürzter die Gäste aus dem Norden. Sie waren doch so sicher gewesen, daß sie im August 1983 zum Finale der besten vier europäischen Landesmeister nach Finnland fahren dürften, daß sie vor dem Spiel schon glaubten, die Rosenheimer mit dem Versprechen trösten zu müssen, AlK würde zur Vorbereitung auf das EC-Finale in Rosenheim einen Trainingsaufenthalt einlegen.
Die Offiziellen der Schweden waren aber gute Verlierer. Sie lobten Rosenheims Gastfreundschaft, aber sie verloren keine Zeit mehr für die Rückkehr. Dieses Europacup-Spiel war eine Sternstunde in der Rosenheimer Sportgeschichte. Sie, unter anderem, erklärt die Faszination, die Eishockey ausübt, die immer noch mehr Menschen in ihren Bann zieht. I Wer dieses Spiel gesehen hat, wird es nie vergessen, nie, und würde er hundert Jahre alt!

 

 

 

 

 

 

 

 

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