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Eishockey - ein teurer Sport

 

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Der unbezahlbare Sport
Autor: unbekannt
Quelle: surfingpenguins.de


Ab jetzt wird hier alles anders, professioneller.
Man muss einen Sportverein heutzutage führen wie ein Unternehmen, wie ein Geschäft."
Diesen Satz hat man im Eishockey schon hundertfach gehört. Er fällt immer dann, wenn ein Neuling in dieser Sportart sich entschlossen hat, ein Vorstandsamt zu übernehmen.
Der Optimismus verfliegt dann sehr schnell, und oft sind diese Leute nach einem Jahr in einem anderen Metier tätig. Denn ein Eishockey-Klub lässt sich eben nicht führen wie ein Geschäft.

Vom Umsatz her ist solch ein Klub mit fünf bis zwölf Millionen Mark (das ist die Spanne in der höchsten Liga) ein mittelständisches Unternehmen.
Mit Spielern, Trainern, Geschäftsstellenpersonal kommt er leicht auf 30, 40 hauptamtlich Angestellte. Die Ausgaben sind in etwa kalkulierbar: Man weiß zu Saisonbeginn, wieviel an Gehältern zu entrichten ist, wie hoch die Reisekosten sein werden, was an Miete für Eisstadion und Geschäftsräume anfällt. Aber man kann nur erahnen, wie es mit den Einnahmen stehen wird: Wieviele Heimspiele hat man überhaupt? Kommt die Mannschaft in die Playoffs, oder ist für sie nach der Vorrunde Schluss? Halten alle anderen Klubs in der Liga finanziell durch, oder scheidet einer aus und es gehen dadurch vielleicht zwei lukrative Heimspiele verloren, ohne dass man dafür entschädigt wird? Und überhaupt: Wird meine Mannschaft gut spielen? Werden die Zuschauer das auch registrieren? Habe ich eine Verletzungsserie? Brauche ich noch weitere Spieler? Einen neuen Trainer?

Eishockey ist ein enges Spiel. Jede Mannschaft schießt in den 60 Minuten etwa 40 Mal aufs gegnerische Tor. Es klingt profan, aber es ist so: Zentimeter können über Wohl und Wehe entscheiden, ein paar miese Wochen können eine Saison zerstören, und es bedarf nicht einmal besonderer Funktionärsdummheit, ein Minus von ein paar hunderttausend Mark oder einer Million zu bauen. Wett zu machen ist solch ein Jahr dann kaum noch. Denn dazu ist dieser Sport Eishockey zu teuer.

Im Fußballland Deutschland reagieren die Leute stets überrascht, wenn sie erfahren, welche Kosten im Eishockey anfallen. Obwohl der Pucksport, gemessen am Zuschauerinteresse, bei den Mannschaftssportarten Platz zwei hinter dem Fußball einnimmt, liegen ganze Finanzgalaxien dazwischen. Es beginnt bei der Ausrüstung. Ein professioneller Fußballklub bekommt sie gestellt. Trainingsanzüge, Schuhe, Ausgehklamotten, Trikots, Hosen, Stutzen, Bälle, alles. Außerdem gibt es meist Geld, viel Geld. Denn der Verein wirbt für einen Ausrüster, für adidas, Nike, Puma... Die Industrie kann sich diese Großzügigkeit leisten. Sechs Millionen aktive Fußballer in Deutschland, noch viel mehr Fans und all die Leute, die sich Sportswear kaufen
(und sei es nur für den Gang zum Zigarettenautomaten) sind ein gigantischer Markt.
Da ist es wichtig, welche Marke die Idole der Branche tragen.

Dagegen Eishockey: Auch der Deutsche Meister muss seine Ausrüstung kaufen. Die Handvoll Ausrüsterfirmen kann es sich nicht leisten, etwas zu verschenken. Denn erstens ist Eishockey-Equipment um ein Vielfaches teurer als der Fußballbedarf, zwei­tens spielen in Deutschland nur 28.000 Leute Eishockey, und das ist ein Mini-Markt, unattraktiv. Hauptsächlich leben die Ausrüster von ihren Großkunden, den Profiklubs. Um eine Vorstellung zu vermitteln, was an Ausrüstungskosten zusammenkommt: Ein Spieler, der zweimal täglich trainiert und zweimal die Woche spielt, hat pro Saison einen Verbrauch von 60 bis 80 Schlägern. Ein Schläger kostet Minimum 45 Mark. 20 Spieler brauchen somit Schläger für 54.000 Mark, und das ist die Untergrenze.Eine Feldspieler-Ausrüstung (Helm, Schulterschutz, Ellbogenschutz, Tiefschutz, gepolster­te Hose, Schienbein- und Knieschutz, Strümpfe, Strapse) kostet um die 4000 Mark, und man muss jedes Jahr eine neue kaufen, weil sie bei 60 Spielen pro Saison einem hohen Verschleiß ausgesetzt ist. Außerdem benötigt jeder Crack zwei Paar Schlitt­schuhe - unter 700 Mark pro Paar ist nichts zu haben. Um seine Mannschaft angemes­sen auszustatten, mussein Verein also schon 200.000 Mark aufbringen. Die Bruttoein­nahmen zweier gut besuchter Meisterschaftsspiele - nur für die Ausrüstung.
Dann die Gehälter: Längst ist Eishockey ein Vollprofisport, zumindest in den beiden höchsten Ligen. Die vielen Kanadier, Skandinavier und Osteuropäer kommen nach Deutschland, um mit Eishockey mehr Geld zu verdienen als in ihrer Heimat. Auch für die deutschen Spieler soll Eishockey natürlich lukrativer sein als ein bürgerlicher Job. Zumal: Es ist was für zehn bis 15 Jahre, in denen man die eigentliche Berufsausbil­dung vernachlässigt. Das Ansinnen der Profis ist also völlig legitim. Außerdem sind sie Stars, zwar nicht bundesweit (bis auf wenige Koryphäen), aber zumindest an ihren Orten dienen sie als Identifikationsfiguren, die die Zuschauer ins Stadion locken.
Am lukrativsten war Eishockey für die Spieler in den 80er Jahren. Der Sport boomte, die Bundesliga als höchste Klasse hatte über 5000 Zuschauer pro Spiel. Und: Der Spielermarkt war trotz der beginnenden diversen Importwellen klein. Der SB Rosenheim war der Klub mit der geringsten Personalfluktuation. Genährt wurde er von der „März AG", einem Firmenimperium, das durch seine Fleischmarke „Marox" bekannt wurde und in seiner Blütezeit über 25 Brauereien in Deutschland (und sogar Togo) besaß. Die Gehälter kamen pünktlich und in der vereinbarten Höhe; Wer also in Rosenheim unter Vertrag stand, hatte keinen Grund, in die konkurrierenden Hochburgen Düsseldorf, Köln oder Mannheim zu wechseln. 300.000 Mark netto pro Saison haben die Besten zu dieser Zeit kassiert. Damit übertrafen sie etliche Fußballer, denn bei denen setzte der große Gagenschub erst ein, als dank Bosman die Ablösesummen entfielen . 300.000 bis 400.000 Mark netto - das war die Norm für einen gestandenen National­spieler (Harald Kreis in Mannheim, Udo Kießling in Köln, Ernst Höfner in Rosenheim, Uli Hiemer in Düsseldorf), für Leute, die eine Mannschaft entscheidend aufwerten konnten. Auch die Garnitur dahinter vermochte ein gutes Leben zu führen mit Entloh­nungen deutlich über 150.000 Mark netto. „Ich kann sagen: Ich habe zur richtigen Zeit Eishockey gespielt", blickt Harald Birk zurück, ein blendender Techniker, der in Kaufbeuren aufwuchs und in Frankfurt, Berlin, München, Landshut und Augsburg spielte.
Anders als im Fußball, der in den vergangenen Jahren eine Gehaltsexplosion erlebte, ist im Eishockey eine Stagnation eingetreten, zumindest in der Spitze. Gerd Truntschka und Dieter Hegen verdienten bei Hedos München im Meisterjahr 1994 ein jeder 760.000 Mark brutto; Mikko Mäkelä, ein Finne, der in der NHL ausgemustert worden war, outete sich 1995 bei seiner Vorstellung als Neuzugang der Düsseldorfer EG unbefangen als Empfänger von über 400.000 Mark netto, was in etwa mit Hegens und Truntschkas Bruttosalär gleichzusetzen war. Mehr ist auch heute nicht zu holen für die Stars der DEL. Dennoch wurde an der Gehaltsspirale weiter gedreht, auch als der Spielermarkt offen war. Die Spieler, die nun die Kader im zweiten, dritten, vierten Block auffüllten, waren zwar weitaus besser als ihre Vorgänger, aber unter 100.000 Mark netto prak­tisch nicht zu haben. „Das Preis-Leistungs-Verhältnis hat sich zum Positiven verän­dert, aber billiger sind unsere Mannschaften dadurch nicht geworden", bekannte der Landshuter Manager Max Fedra.
Einbußen hinnehmen mussten die deutschen Spieler. Die Angebote, die etliche von ihnen vor der Saison 1997/98, der ersten mit dem freien Markt, bekamen, waren teils provokant. Wer locker seine 100.000 bis 150.000 netto gemacht hatte, sollte sich nun mit einem Monatsgehalt von 4000 Mark brutto zufrieden geben. Es setzte eine bei­spiellose Flucht der deutschen Spieler in die tieferen Klassen ein. Dort konnten sie ihren finanziellen Status zwar nicht ganz erhalten, aber schlecht ging es ihnen in tiefe­rer Umgebung auch nicht. So waren Monatsgehälter von DM 10.000 netto beim ERC Sonthofen in der Saison 97/98 gang und gäbe. Die Allgäuer büßten freilich für das Jahr mit Stars wie Georg Franz, Markus Berwanger und Gerhard Hegen, lauter früheren Nationalspielern: Sie gingen in Konkurs und verschwanden von der Bildfläche.
Dass ein vollwertiger Spieler in der DEL heute unter 50.000 Mark netto im Jahr ver­dient, kommt selten vor. Das Gros liegt über 100.000. Spätestens nach einigen Mona­ten haben die neuen Cracks in der Liga herausbekommen, was sie wert sind. Beispiel: Die Nürnberg Ice Tigers verpflichteten 1998 den weißrussischen Nationaltorhüter Andrej Mezin für 70.000 Mark Saisongage. Ein Schnäppchen, das ihnen 1999 weggeschnappt wurde, von den Berlin Capitals, die Mezin neue Verdienstdimensionen eröffneten.
Auch in der sogenannten Bundesliga, die sich 1998/99 unter der DEL als zweite Liga etablierte, herrscht Vollprofitum. Das ist schon daran zu erkennen, dass die Bundesli­ga mehr Spieltage absolvierte als die DEL. Spitzenklubs wie Iserlohn und Essen be­kannten sich offen zu ihren Vier-Millionen-Mark-Etats - fast DEL-Dimension. Auch in der dritten und vierten Liga gibt es Berufsspieler, zumindest die Ausländer sind welche. Eine Summe wie 100.000 Mark netto liest sich nun nicht so gigantisch, dass einen die Vorstellung packen würde: Das schafft einen Klub, wenn er 15 Spieler dieser Gehalts­klasse beschäftigt und noch ein paar teurere dazu. Doch 100.000 Mark netto sind eben nicht 100.000, sondern de facto das Doppelte.

Es ist üblich, dass der Spieler sagt, was er unterm Strich verdienen will, darum sind Nettobeträge die Verhandlungsbasis. Der Klub muss das für sich auf brutto umrech­nen, also mit Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Krankenversicherung, Pflege­versicherung, Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung. Viele Eishockeyspieler sind ledig - und damit extra teuer, da sie in die ungünstigste Steuerklasse fallen.

Doch das Gehalt ist längst noch nicht alles, was der Spieler bekommt. Zur Standard-Ausstattung gehört auch, dass der Verein für die Dauer des Aufenthalts Wohnung und Auto zur Verfügung stellt. Selbst für dieses Entgegenkommen muss der Klub noch bluten. Es handelt sich beim Paket Auto/Wohnung um einen geldwerten Vorteil, und der muss versteuert werden. Spieler, die aus Übersee kommen, wollen ihre Flugtik-kets erstattet haben und oft auch noch die für die mitreisenden Familienmitglieder.

Nun könnte man argumentieren: Kein Klub ist gezwungen, das alles zu bezahlen. Das mag sein, doch dann verlöre er an Konkurrenzfähigkeit. Es hat Initiativen gegeben, dass die Vereine sich solidarisieren, doch es ist bei Absichtserklärungen geblieben, weil jeder dem anderen doch misstraute und ihn hinter dessen Rücken ausstechen wollte. Oder, wie es ein Ex-Funktionär, der sein Geld nun lieber im Trabrennsport investiert, drastisch formulierte: „Du einigst dich mit dem Präsidenten eines Vereins, gegenseitig keine Spieler abzuwerben, und während du ihm die Hand gibst, macht sein Vizepräsident draußen auf dem Klo mit deinem besten Verteidiger alles klar."

Personalkosten, Wohnungsmieten, Leasingraten für die Autos, Aufwendungen für die Reisen (und es gibt mindestens eine pro Wochenende), Stadionmiete, Finanzierung der Nachwuchsarbeit - da kommt ein schöner Batzen Geld zusammen. Die Einnah­mequellen? Eintrittsgelder, Sponsoring, und das, was das Fernsehen bezahlt - das sind die Säulen der Finanzierung. Mitgliedsbeiträge und Spenden sind kleinere Po­sten, die einen Verein nicht tragen.

Eintrittsgelder: Es sollte im modernen Sport nicht so sein, aber vielerorts sind die Zuschauer der größte Sponsor, mit dem über 50 Prozent des Etats bestimmt werden. Der Stadionbesucher ist aber auch der unkalkulierbarste Sponsor. Er kommt, wann es ihm gefällt, er bleibt weg, wann es ihm passt. Er orientiert sich am Erfolg, und der ist nicht vollends planbar. Deswegen ist für jeden Klub der Dauerkartenverkauf unver­zichtbar, denn dadurch bekommt er schon bevor die Saison richtig losgeht, Geld in die Kasse, mit dem er die ersten Gehälter bezahlen kann, die ersten Ausrüstungs­rechnungen, das Sommereis. Doch die Fans sind zurückhaltender geworden mit ih­rem Vertrauensvorschuss, nachdem es häufiger zu dem Fall gekommen war, dass ein Klub aus dem laufenden Spielbetrieb ausstieg. Das eingezahlte Geld war dann futsch. Und wenn es nicht der eigene Verein war, der sang- und klanglos ausschied, sondern ein Konkurrent, so fehlte doch zumindest ein Spiel im Terminplan.

Zum Eishockey zu gehen, ist nicht billig. In der DEL muss man im Schnitt 25 Mark für eine Stehplatzkarte hinblättern, in den Playoffs können es auch mal über 40 sein. Zum Vergleich: Der Besuch bei einem Heimspiel des Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München kostet 15 Mark. Die Eishockeyvereine sind jedoch gezwungen, ihre Ware teuer zu verkaufen: Denn die Zuschauereinnahmen stellen in ihrer Planung einen wichtigeren Posten dar als im Etat eines Fußballklubs, und die Stadionkapazitäten sind viel geringer. Die Fans interessieren sich für diese Hintergründe aber wenig. Rea­gieren müssen sie trotzdem: Sie tun es, indem sie selektieren: Welches Spiel ist wich­tig, auf welches kann ich verzichten? Gegenüber den glorreichen Bundesligazeiten ist der Schnitt in der DEL von gut 5000 zeitweise auf etwas über 4000 zurückgegangen, hat sich nun wieder wenigstens geringfügig über 4500 eingependelt - ungeachtet des klar angehobenen sportlichen Niveaus.

Um sich vom „gewöhnlichen" Zuschauer unabhängiger zu machen, sind die Vereine dazu übergegangen, um betuchte Gäste zu buhlen, um VIPs, denen eine Saisonkarte gut und gerne 5000 Mark oder mehr wert ist. Die Gegenleistung: ein guter Sitzplatz, Zugang zu speziellen Räumlichkeiten, erstklassige Verpflegung, ein Parkplatz fürs Auto. Die Fortschritte gerade in der DEL sind nennenswert, doch manche Stadien, die veralteten eben, bringen nicht die baulichen Voraussetzungen mit, um etwa nach amerikanischem Vorbild Luxuslogen für Firmen anzubieten. Wenigstens zwei Hallen, die den Standard (übererfüllen, gingen bereits in Betrieb: 1997 die Arena in der Ober-hausener Einkaufsstadt „CentrO" (die die Revier Löwen jedoch nicht mit Leben erfül­len konnten, trotz der überschaubaren Kapazität von 9.500), und 1998 die „Kölnarena", ein opulenter Bau im Stadtteil Deutz für 18.500 Zuschauer. In der ersten Saison mel­dete Hausherr Kölner Haie etliche Male „ausverkauft", der Schnitt lag über 13.000. Doch Köln ist die große Ausnahme in der Liga.

Sponsoring: Werbeflächen gibt es genügend in den Eisstadien und auf der Spieler­kleidung. Allein 180 Meter Fläche bietet die Bande um das Spielfeld herum, über dem Eis kann man Würfel aufhängen, auch die vier Bully-Punkte taugen als Reklame­fläche (werden aber zentral von der Liga vermarktet). Am Mann darf nahezu jeder Quadratzentimeter verkauft werden, sogar Hosenrückseite und Helm oder - beim Tor­hüter - die Beinschienen und die Handschuhe. Die Möglichkeiten sind fast unendlich erweitert worden durch großzügige Lockerung der Werbebestimmungen - und den­noch herrscht im deutschen Eishockey Mangel an Sponsoren.

Es kommt selten vor, dass sich eine wirklich große Firma für Eishockey interessiert. Wenn doch, dann meist aus Liebhaberei, weil jemand aus der Vorstandsetage persön­liche Kontakte zum Klub pflegt. Die meisten Unternehmen lassen ihre Werbe­maßnahmen von Agenturen platzieren, und diese achten auf Blickkontakte, auf Medi­en- und TV-Präsenz. Ein traditioneller Schwachpunkt: Im Fernsehen war Eishockey nie die große Nummer, und das teils auch durch Klischees bedingte Negativimage der letzten Jahre hat den Sport nicht zur „Marke" gemacht, wie das vorgesehen war.

Selten verirrt sich eine Wirtschaftsgröße auf das Trikot einer Eishockey-Mannschaft. Ausnahmen: In den 80er Jahren finanzierte die März AG („Marox", „EKU") den SB

Rosenheim; in den 90er Jahren begann der Walldorfer Softwaregigant „SAP", Liebling der Börse, sich bei den Adlern Mannheim zu engagieren; in Frankfurt stieg der Nestle-Konzern ein, dafür mussten sich die Löwen in Lions umbenennen - Name eines Schokoriegels aus dem Nestle-Süßwaren Sortiment; und in Weißwasser gab „Jäger­meister", in den frühen 70erJahren der erste Trikotwerber im deutschen Sport (im Fußball, bei Eintracht Braunschweig), ein kurzes Comeback beim ES Weißwasser. Die Düsseldorfer EG lief Werbung für den japanischen Computer- und Druckerhers­teller „Epson" - zum Preis der Aufgabe der traditionellen Vereinsfarben Rot und Gelb zugunsten eines fremdartigen Türkis - Tons.

Haben sie einen Knüller-Sponsor, sind die Klubs jedoch auch gezwungen, sich in absolute Abhängigkeit zu begeben. März-Oberhaupt Josef März fungierte in Rosen­heim als Vereinspräsident; nach seinem Tod wurde der Klub zum politischen Instru­ment im Streit zwischen Stadt und März-Nachkommen um den Stadionausbau. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen wurde die Mannschaft 1992 als Vizemei­ster in die zweite Liga beordert. Als das März-Imperium schließlich zusammenbrach, weil es sich beim Aufkauf von Brauereien übernommen hatte und nach der deutschen Einheit der Fleisch-Osthandel nicht mehr subventioniert wurde, war der SBR plötzlich einer der armen Eishockeyklubs, die den Pfennig umdrehen mussten.

Weil sein Sohn Fan der Adler war, fand der Chef des Software-Aufsteigers SAP, Diet­mar Hopp, zum Eishockey. Aus eigener Tasche schoss er geschätzte acht Millionen Mark zu, um den Meister im Sommer 1998 vor dem altlastenbedingten Konkurs zu retten. Dafür fordert er nun völlige Einsicht in alle Geschäfte des Klubs. Und er gab auch eine Kursänderung vor, eine drastische Verjüngung und eine stärkere deutsche Ausrichtung - nach drei Titelgewinnen in Folge. Firmenphilosophie. „Bei allen unseren Engagements fördern wir von SAP den Nachwuchs", so Hopp. Obwohl die Unterstüt­zung, die er den Adlern gewährt, für seine Verhältnisse Portokassen-Dimension hat -verschenken wird auch Hopp nichts. Er gehörte zu den Befürwortern des „Salary Cap", der Einführung von strengen Personaletatbeschränkungen in der Deutschen Eishoc­key-Liga. „Ich hoffe, dass sich alle daran halten und ich nicht verarscht werde", sagte Hopp im Frühjahr 1999 auf einer Gesellschafterversammlung der DEL. Und er drohte: „Sollte ich hintergangen werden, wird es in den nächsten 20 Jahren nur einen Meister geben: Mannheim."

Ein Trikotsponsor, der eine Million Mark pro Saison bezahlt, gilt nach wie vor als Glücksfall im deutschen Eishockey. Doch Glücksfälle sind selten, und oft kann auch der Erfolg nicht nachhelfen. Kurioserweise ging es dem EV Landshut, die Sponsoren betreffend, am besten, als er sich aus den Niederungen der Bundesliga löste; da hatte er den Computergiganten „Fujitsu" an seiner Seite. Als der EVL in der Spitzengruppe etabliert war, verlor er seinen Partner, weil dieser das Ziel - Steigerung des Bekanntheitsgrades in Deutschland - erreicht hatte. „Fujitsu" wechselte in die Formel 1, Landshut war wieder auf seinen alten Gönner, das vor den Toren der Stadt gelegene „ Möbelhaus Biller" angewiesen, dessen Schriftzug schon auf den Trikots der letzten Meister­mannschaft von 1983 prangte.

Oft halten sich jedoch auch die regionalen Firmen beim Eishockey-Sponsoring zurück. Das bekamen die Augsburger Panther zu spüren. Vor der Haustür haben sie den europaweit größten Produzenten von Auto-Katalysatoren sitzen, doch der kündigte nach einem Jahr die 5000 Mark teure Anzeige im Stadionheft ersatzlos auf. Die Augs­burger lebten schließlich von der Deutschland-Dependance des niederländischen Ver­sicherungskonzerns „Aegon" - dass dessen Vorstandsvorsitzender und der langjährige Panther-Präsident eine Person waren, hat die Liaison mehr als begünstigt.

Übrigens fällt die Sponsorensuche auch auf internationaler Ebene schwer. Auffällig waren die leeren Banden in der ersten Saison der European Hockey League (1996/ 97), obwohl Ligen-Initiator und Vermarkter CWLaus dem schweizerischen Kreuzungen (immerhin Vertragspartner der deutschen Fußballnationalmannschaft) beste Kontakte zur Wirtschaft pflegt. Doch für die Europaliga interessierte sich nur der tschechische Automobilbauer „Skoda", der zudem bei den jährlichen Eishockey-Weltmeisterschaf­ten das Werbebild bestimmt.

Fernsehen: Im modernen Sport geht nichts mehr ohne die elektronischen Medien. Das Eishockey hatte seine traditionelle Heimat bei ZDF, ARD und den Dritten Pro­grammen. Allerdings wurden immer Klagen laut über schlechte und zu wenig Sende­plätze. Eine deutliche Verbesserung bahnte sich an, als der erste Pay-TV-Kanal in Deutschland, der Hamburger Sender „premiere", 1992 in die Bundesliga- (ab 1994 DEL-) Berichterstattung einstieg. Zu den vier Millionen Mark aus öffentlich-rechtlicher Hand kamen 6,5 von „premiere". Und: Die Übertragungen waren von erstklassiger Qualität. Das Team um den vom ZDF gekommenen Eishockey-Chef Günter-Peter Ploog brillierte mit dem „Top-Spiel der Woche", jeweils sonntags nachmittags. Tolle Bilder, die bis zu 16 Kameras (sogar eine Helmkamera für den Torwart wurde zum Einsatz gebracht) lieferten, fundierte Analysen, Mini-Studio, Filmbeiträge rund ums Spiel - die Übertragungen hatten höchsten Standard.

Nur: Sie waren verschlüsselt, im Bezahlfernsehen, empfangbar nur über Decoder. Das schränkte die Reichweite ein. In der DEL kursierten Informationen über angebli­che Einschaltquoten, obwohl die das Bezahlfernsehen „premiere" - nach eigenen An­gaben - überhaupt nicht ermitteln ließ. An einem zweiten Weihnachtsfeiertag soll ein Spiel zwischen Ratingen und Krefeld von lediglich 26.000 TV-Zuschauern verfolgt worden sein - die Klubfunktionäre fürchteten um die Werbewirksamkeit ihrer Klubs. Dazu kam, dass „premiere" sich 1996 aus der ersten Playoff-Runde, dem Achtelfinale, für das sich 16 von 17 Klubs qualifiziert hatten, wegen des geringen sportlichen Werts ausklinkte.

Das Tischtuch war zerschnitten, und überdies geriet „premiere" in den eskalierenden Streit zwischen Verband und Liga. DEL-Chef Bernd Schäfer hatte das Angebot der

„Taurus-Gruppe" aufgetan, einer Firma des Medienmoguls und Filmehändlers Leo Kirch. „Taurus" bot für die Jahre von 1997 bis 2000 insgesamt 87 Millionen Mark - das entsprach pro Klub 1,7 Millionen in jeder Saison. Davor hatten die Fernsehrechte nur 400.000 Mark eingebracht. Die Vereine sahen sorglose, ja goldene Zeiten auf sich zukommen. Begeistert wurde mit „Taurus" abgeschlossen, der Vertrag mit „premiere" aufgekündigt. „Taurus" stieg ein Jahr früher ein als vorgesehen.

Die Begeisterung legte sich beidseitig. „Taurus" ließ seinen Haussender Deutsches Sport-Fernsehen (DSF) übertragen, doch auch bei dem fand Eishockey zu einem beträchtlichen Teil im Decoderfernsehen statt. DF 1, die digitale Plattform, hatte über­dies einen schwachen Start, die „d-box" wies technische Mängel auf, und die ersten Werbekampagnen konnten die Zuschauer nicht überzeugen, ein Abonnement abzu­schließen. Erst 30.000 Kunden waren nach einem Jahr gewonnen - und sicherlich nicht alle wegen des Eishockey-Angebots.

Die Übertragungen im Free-TV wurden auch nicht zu Knüllern. Das Donnerstagabend-Spiel musste nach zwei Jahren wegen der schwachen Quoten eingestellt werden, auch die Vereine waren unglücklich, wenn sie eine Vorverlegung betraf, da der Freitag wegen des größeren Zuschaueraufkommens der attraktivere Spieltag ist. Das DSF machte für seine kränkelnden Quoten (selten mehr als 200.000 Zuschauer, einmal sogar nur 12.000) das Negativimage des deutschen Eishockeys verantwortlich, schob gerne den Streitparteien DEL und DEB die Schuld in die Schuhe.

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen ließ die DEL schließlich von 1996 bis 98 unter den Tisch fallen. Dass oft nicht einmal mehr die Ergebnisse der höchsten deutschen Eishockeyklasse gemeldet wurden, war zwar ein Verstoß gegen die journalistische Informationspflicht, aber leider auch der Trend der Zeit: Wichtig ist nur, woran man die Rechte besitzt. Erst im Laufe des Jahres 1998 kam es zu einer Annäherung, seitdem spielt die DEL zumindest in den Dritten Programmen wieder eine kleine Rolle.

1998 konstituierte sich die vom Verband ausgerufene Bundesliga und erreichte im Westen mit Live-Übertragungen von Derbys wie Düsseldorf- Essen eine ansehnliche Fernsehpräsenz. Indes, alle Sendungen waren gratis, Klubs und DEB schafften es nicht, eine Zusammenarbeit mit den TV-Anstalten vertraglich zu fixieren und entgelt­lich zu gestalten.

Medienexperten sind sich einig: Einen so guten Fernsehvertrag, wie ihn die DEL noch bis zum Ende der Saison 1999/2000 hat, wird sie nicht wieder bekommen. Sie hatte Glück, dass die Riesen Berteismann („premiere") und Kirch („DSF", „DF 1") sich zur richtigen Zeit um die Rechte zankten, um ihre digitalen Programme zu füllen.

Bernd Schäfer (DEL) fasste die Situation 1999 zusammen: „Von der Einnahmenseite sind wir in Deutschland sicherlich an den Grenzen angelangt. Nun müssen wir die Ausgabenseite eindämmen."

Ein ehrenwerter Vorsatz: Doch was wird schon billiger im Leben?


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